BGH | Zwangslizenz für Cholesterinsenker
Zurückweisung eines Antrags auf vorläufige Zwangslizenz für Cholesterinsenker.
Sachverhalt:
Die Antragstellerinnen vertreiben in Deutschland das Arzneimittel Praluent, das den Wirkstoff Alirocumab enthält. Dabei handelt es sich um einen monoklonalen Antikörper, der gegen das Proprotein Convertase-Subtilisin-Kexin Typ 9 (PCSK9) gerichtet ist. Dieses Protein beeinträchtigt den Abbau zu hoher Spiegel von Lipoproteinen niedriger Dichte (LDL-Cholesterinspiegeln); Alirocumab hemmt das PCSK9-Protein und bewirkt damit eine Verringerung des LDL-Cholesterinwerts im Blut.
Die Antragsgegnerin ist Inhaberin des europäischen Patents 2 215 124, das antigenbindende Proteine gegen das Protein PCSK9 betrifft. Das Europäische Patentamt hat das Patent nach Einspruch in geänderter Fassung aufrechterhalten; über die gegen diese Entscheidung eingelegten Beschwerden ist noch nicht entschieden worden. Die Antragsgegnerin vertreibt unter der Bezeichnung Repatha ein Arzneimittel, das den ebenfalls gegen das Protein PCSK9 gerichteten Antikörper Evolocumab enthält.
Die Antragsgegnerin hat die Antragstellerinnen wegen Verletzung ihres Patents vor dem Landgericht Düsseldorf u.a. auf Unterlassung in Anspruch genommen.
Entscheidung:
Der BGH sieht wie die Vorinstanz – das Bundespatentgericht – keine ausreichenden Bemühungen der Antragstellerinnen während eines angemessenen Zeitraums um die vertragliche Einräumung einer Lizenz an dem Patent. Welche Bemühungen nach § 24 Abs. 1 Nr. 1 PatG erforderlich sind und über welchen Zeitraum sie sich erstrecken müssen, ist eine Frage des Einzelfalls. Im Streitfall haben die Antragstellerinnen erst spät überhaupt ihr Interesse an einer Lizenz bekundet und lediglich einen sehr niedrigen Lizenzsatz angeboten. Auf das Antwortschreiben der Antragsgegnerin, die eine Lizenzvergabe nicht schlechthin abgelehnt hat, haben sie bis zur Entscheidung des Patentgerichts nicht reagiert. Weitere, während des Beschwerdeverfahrens übersandte Schreiben hat der Bundesgerichtshof ebenfalls nicht als ernsthaftes Bemühen um eine vertragliche Einigung angesehen.
Der Bundesgerichtshof hat ferner wie das Patentgericht ein die Erteilung einer Zwangslizenz gebietendes öffentliches Interesse verneint. Maßgeblich hierfür war die Erwägung, dass nicht glaubhaft gemacht ist, dass Praluent gegenüber dem Medikaments Repatha der Antragsgegnerin greifbare therapeutische Vorteile bietet.
BGH Mitt. 074/2019
Urteil vom 4. Juni 2019 – X ZB 2/19
Vorinstanz: BPatG – Urteil vom 6. September 2018 – 3 LiQ 1/18 (EP)